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Eine Idee ausarbeiten

Ideen auswählen und ausprobieren

Durch die Anwendung von Kreativtechniken sind viele tolle und vielleicht auch unkonventionelle Ideen entstanden, die noch nicht auf Machbarkeit geprüft sind. Mit Methoden wie der Visuellen Abstimmung in Kombination mit der Mehrwert-Aufwand-Matrix können wir den Kern eines Lösungsansatzes herausarbeiten.

Das Format erst am Ende festlegen

Sobald Ideen entwickelt und Lösungsansätze formuliert sind, ist die Verführung groß, deren Umsetzung direkt in Meilensteinen aktionsorientiert zu planen. Hier gilt es, innezuhalten und erst den gewünschten Zustand besser kennenzulernen. Dazu brauchen wir Offenheit und ein wenig Geduld. Anstatt ein spezielles Format oder Medium für unser Lösungskonzept zu definieren, werden wir beim Zukunftstheater zunächst die Vorteile für unsere Schlüsselakteure besser verstehen, bevor wir z.B. Funktionen eines Produktes definieren. Indem wir uns selbst als Resonanzraum nutzen, können wir eine Zukunft erfahrbar machen, ohne dafür ein Konzept oder eine Folienpräsentation auszuarbeiten.

Erst nachdem das Zielerlebnis deutlich geworden ist, überlegen wir welche Formate der Verwaltung zur Verfügung stehen, um diese zukünftige Erfahrung zu ermöglichen. Das wünschenswerte Erlebnis in der Zukunft wird dadurch in direktem Zusammenhang mit gängigen Handlungsoptionen der öffentlichen Verwaltung stehen. Es kann sie beeinflussen, stärken oder auch verändern.

Legislatives Theater

Durch das Formulieren von Geschichten erkennen wir, auf was es wirklich ankommt. In der Regierungspraxis sind entsprechende methodische Unterstützungen schon vereinzelt erfolgreich angewendet worden. Am 1. Juli 2018 trat in Tirol ein neues Gesetz in Kraft. Das Teilhabegesetz regelt die Unterstützung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben. Das Projekt „Mach mit! Es geht um uns!“ hat die Entwicklung des Gesetzes partizipativ und kreativ mitgestaltet. Dabei kam das Forumtheater als Methode der politischen Mitbestimmung zum Einsatz. Im Forumtheater werden Schwierigkeiten und Probleme von Betroffenen – und damit Expert:innen – aufgezeigt, um dann gemeinsam mit dem Publikum nach Wegen und Möglichkeiten der Verbesserung zu suchen. Durch den gesetzgebungsrelevanten Kontext wurde das Forumtheater zum legislativen Theater.

Visuelle Abstimmung

Methode
Visuelle Abstimmung

Was und wofür?

Die visuelle Abstimmung ist eine einfache und schnelle Methode, Ideen zu priorisieren. Alle Mitglieder einer Gruppe werden einbezogen, um eine Wahl zu treffen und Entscheidungen vorzubereiten. Durch das Bepunkten einzelner Aspekte oder Vorschläge entsteht innerhalb weniger Minuten eine visuelle Tendenz.

Mehrwert

Diese Art der Stimmabgabe ist universell einsetzbar und kann beliebig erweitert werden: bei einfarbigen Varianten bestimmt die Quantität, bei mehrfarbigen Varianten ist zusätzlich die Bedeutung der Farben von Belang. Durch das Platzieren von farbigen Punkten oder Elementen kann jede Person individuell über die Bedeutung vielfältiger Aspekte abstimmen, die eine Priorisierung erfordern.


Die Punktwahl sollte nicht für finale Entscheidungen verwendet werden. Das Vorgehen setzt voraus, dass die Teilnehmenden alle Optionen kennen, prüfen und vergleichen, bevor sie ihre Punkte aufkleben. Deswegen ist zu empfehlen, ähnliche Aspekte vorab in thematischen Gruppen zu verdichten und diese zu bewerten.

Visuelle Abstimmung

Arbeitsblatt

10 – 15 Minuten

Vorgehen

  1. Alle Optionen, über die abgestimmt werden soll, auf Klebezettel schreiben und gruppieren oder als Liste auf einem großen Stück Papier aufschreiben.

  2. Abstimmungsfokus kommunizieren. Teilnehmer:innen vor der Abstimmung an den Zweck der Abstimmung erinnern. Warum wird abgestimmt und wie wird das Ergebnis verwendet?

  3. Regeln für die Abstimmung gemeinsam festlegen (siehe Beispiele).

  4. Die Anzahl der Stimmen bekannt geben, die jede:r Teilnehmer:in hat. Als Faustregel gilt: Die Anzahl entspricht in etwa einem Viertel der abzustimmenden Optionen.

  5. Still und gleichzeitig abstimmen. Während des Abstimmungsprozesses ist es wichtig, sich nicht gegenseitig zu beeinflussen und Lobbyarbeit zu betreiben. Ein Gespräch findet erst nach Stimmabgabe statt.

  6. Ergebnis auswerten. Optionen mit den meisten Stimmen im Anschluss diskutieren. Welche Schwerpunkte sind erkennbar? Warum hat wer für bestimmte Optionen gestimmt? Gemeinsame Rangliste erstellen.

Bei Gleichstand: Top-Optionen der vorherigen Abstimmung (max. 4) erneut abstimmen, um Klarheit herzustellen. Schritte 03 bis 06 mit diesem Fokus wiederholen. Oder Mehrwert-Aufwand-Matrix verwenden.

Mehrwert-Aufwand-Matrix

Methode
Mehrwert-Aufwand-Matrix

Was und wofür?

Diese Matrix unterstützt Entscheidungsprozesse. Einzelpersonen oder Teams können Ideen und Konzepte anhand des dafür notwendigen Aufwands und des erwarteten Mehrwerts analysieren. Je nach Ausprägungsgrad ergibt sich in der 2×2-Matrix eine Empfehlung, welche Ideen favorisiert angegangen werden sollen.

Mehrwert

Mit den Empfehlungen können Ideen priorisiert werden. Das erleichtert eine abgestimmte Auswahl der Aktivitäten und zeigt auf, wo Zeit und Ressourcen am besten eingesetzt werden können.


Die Matrix wird oft verwendet, um die Produktivität eines Teams zu maximieren. Aufgrund ihrer Einfachheit und Vielseitigkeit ist sie ein echtes All-Round-Talent und kann für tägliche Aufgabenlisten bis hin zu strategischen Aktionsplänen eingesetzt werden.

Mehrwert-Aufwand-Matrix

Arbeitsblatt

30 – 60 Minuten

Vorgehen

  1. Alle Ideen, über die abgestimmt werden soll, auf einzelne Klebezettel schreiben. Eine Überschrift oder ein Schlagwort sind dafür ausreichend.

  2. Eine Idee nach der anderen präsentieren und die Gedanken mit der Gruppe teilen und anhand der folgenden Impulsfragen einschätzen.

    Mehrwert für Schlüsselakteure: Wie überzeugend ist die Idee? Welcher Mehrwert entsteht dadurch?

    Aufwand in der Organisation: Wie schnell oder wie einfach kann die Idee umgesetzt werden? Welcher Aufwand ist damit verbunden?

  3. Je nach Ausprägungsgrad im passenden Feld verorten. Reihum alle Ideen in der Matrix verorten.

  4. Offene Diskussion anregen. Die Verteilung der Ideen betrachten. Was fällt auf? Wo gibt es positive oder negative Überraschungen? In der Gruppe diese Ideen und deren Verortung besprechen. Gege­benenfalls Anpassungen vornehmen. Ideen, die in diesem Schritt nicht adressiert werden, können in dem gewählten Feld unkommentiert hängen bleiben.

  5. Ergebnis auswerten. Die Ideen des Feldes „JA!“ eingehender betrachten und diejenigen Aspekte / Ideen auswählen, über die sich das Team am meisten einig ist und zu denen sie sich am meisten verpflichtet haben.

Zukunftstheater

Methode
Zukunftstheater

Was und wofür?

Das Zukunftstheater ermöglicht den Beteiligten, sich in eine präferierte Situation in der Zukunft hineinzuversetzen. Es wird eine Situation dargestellt, in der durch die Anwendung der Lösung das Problem nicht mehr existiert. Dadurch können sowohl die Darsteller:innen als auch Zuschauer:innen erleben, wie sich das Neue anfühlt.

Mehrwert

Anstatt das Neue zu zerreden, kann mit allen Sinnen erfahren werden, was sich an der Lösung richtig oder falsch anfühlt. Durch das Anhalten oder Einfrieren einzelner Szenen, können die Beteiligten in ihrer Rolle dazu konkret befragt werden.


Das Zukunftstheater basiert auf dem Improv Prototyping der Liberating Structures. Hierbei werden drei Wissensebenen gleichzeitig erschlossen: explizites Wissen, das von den Teilnehmenden geteilt wird; stillschweigendes Wissen, das durch die Beobachtung der Leistung der anderen Teilnehmenden entdeckt wird; und entstehendes Wissen, d.h. neue Ideen, die entstehen und gemeinsam entwickelt werden. Diese kraftvolle Kombination kann die Quelle transformativer Erfahrungen sein und gleichzeitig macht sie ernsthaft Spaß.

Zukunftstheater

Arbeitsblatt

90 – 150 Minuten

Vorgehen

  1. Bisher entwickelte Lösung vorm inneren Auge visualisieren und sich als Team eine Situation vorstellen, in der die Lösung erfolgreich zum Einsatz gekommen ist bzw. Wirkung gezeigt hat.

  2. Definieren, welche Schlüsselakteure in der Situation wichtig sind und deren Rollen an Personen im Team vergeben. Alle Beteiligten übernehmen eine aktive Rolle.

  3. Gegebenenfalls Raum einrichten und Requisiten benutzen. Dokumentationsvorlagen groß übertragen oder auf A4-Blätter kopieren.

  4. Bewusst in die Rolle und das Schauspiel einsteigen, ganz im Moment sein:

  • Szenario und die verschiedenen Rollen kurz beschreiben (3 min).
  • Gewünschte Situation spielen (3-5 min).
  • Pausieren und Spalte A & B reflektieren: erst allein (2 min), dann in der Gruppe (10-15 min). An welcher Stelle hat es besonders geknirscht?

Knirschszene nochmals darstellen und die Beteiligten in der Situation sprechen lassen: Was fühlt sich hier nicht richtig an? Warum? Wie würde es sich besser anfühlen? Warum? Neue, bessere Position einnehmen und einige Minuten experimentieren, bis eine Situation gefunden wird, mit der alle Beteiligten einverstanden sind (10-15 min).

Darstellung beenden und Spalte C & D reflektieren: erst allein (2 min) und dann in der Gruppe (10-15 min). Zum Abschluss die wichtigsten Aspekte für die weitere Entwicklung der innovativen Lösung notieren.